Nach dem Besucheransturm des Reformationsjubiläums von 2017 erfindet Wittenberg sich neu. Nicht nur Martin Luther, sondern auch Frauen wie Katharina von Bora und Erlebnisführungen sollen Touristen anlocken.
Auf dem Weg in die Altstadt von Wittenberg zeigt der Busfahrer Besuchern stolz das Haus, in dem der sachsen-anhaltische Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) wohnt. Wittenberg ist in seinen Augen bedeutender als die Landeshauptstadt Magdeburg. Fünf Jahre nach dem Reformationsjubiläum bemühen sich viele Menschen in der Universitätsstadt an der Elbe, Wittenberg nicht nur als „Lutherstadt“ zu präsentieren.
Ob Event-Führungen rund um die Pest oder das Brauwesen oder ein Abend unter dem Titel „Erotisches zur Nacht“ mit 5-Gänge-Menü rund um „kulinarische Verführung“ – die Stadtverwaltung spricht unterschiedlichste Besucherinteressen an.
Doch Martin Luther, der 1517 in der Schlosskirche Wittenberg seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel der Kirche veröffentlichte und die Reformation in Gang setzte, steht für viele Touristen noch immer im Zentrum. Auf der Flaniermeile in der Altstadt bieten Souvenir-Läden T-Shirts in Gelb, Grün und Lila mit schwarzem Luther-Konterfei an, das an den Revolutionär Che Guevara erinnert – nur trägt Luther statt des roten Sterns ein Herz am Barett.Katharina von Bora, die Ehefrau des Reformators, wird bei einer Führung zu den Luther-Stätten als früh emanzipierte Frau präsentiert, die unter dem Eindruck der Reformationsideen aus dem Kloster floh. Sie gilt als kluge Wirtschafterin eines riesigen Haushalts.
Von der Nonne zur ManagerinIm Hof des Lutherhauses probieren Besucher Früchtebrot als „Gruß aus Käthes Küche“. Vor dem Haus steht ein Katharina-von-Bora Denkmal. Mittlerweile äußerten Wittenberg-Touristen wachsendes Interesse an ihr und ihrem Haushaltsmanagement, erzählt Stadtführerin Bettina Brett. Aber: „Ohne Heirat ging es nicht“, sagt sie und betont, es sei keine Liebesheirat gewesen: „Man respektierte sich.“