Stadtkirche Wittenberg

Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs zur Schmähplastik „Judensau“ in Wittenberg gibt es eine Empfehlung an die Gemeinde. Das Relief sollte demnach bald entfernt werden.

Ein Expertenbeirat hat dem Gemeindekirchenrat der Stadtkirche Wittenberg eine „zeitnahe Abnahme“ des antisemitischen Reliefs „Judensau“ empfohlen. Das teilte ein Sprecher des Gremiums mit, dem Vertreter der Evangelischen Kirche, des Judentums und des Denkmalschutzes angehören. Es solle „in enger räumlicher Nähe zur Kirche“ präsentiert werden. Zudem solle ein pädagogisches Konzept die Geschichte christlicher Judenfeindschaft beleuchten. Der Gemeindekirchenrat will nach bisherigem Stand Ende August zusammenkommen, um über die Empfehlungen zu beraten.

Gegen den Verbleib der Skulptur am bisherigen Ort hat ein Mitglied der jüdischen Gemeinschaft geklagt. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied im Juni, dass das als „Judensau“ bezeichnete Sandsteinrelief aus dem 13. Jahrhundert an der Stadtkirche Wittenberg nicht entfernt werden muss. Durch eine Bodenplatte und einen Aufsteller mit erläuterndem Text habe die Kirchengemeinde das „Schandmal“ in ein „Mahnmal“ umgewandelt, befanden die obersten Zivilrichterinnen und -richter Deutschlands in Karlsruhe (Az. VI ZR 172/20). Die Entscheidung war auf Kritik und Unverständnis gestoßen.Das Relief aus dem Mittelalter zeigt eine Sau, an deren Zitzen zwei Menschen saugen, die durch Spitzhüte als Juden identifiziert werden sollen. Eine laut BGH als Rabbiner geltende Figur hebt den Schwanz des Tieres und blickt in den After. Schweine gelten im jüdischen Glauben als unrein.Unterbringung in „kontextualisierenden Rahmen“In der Erklärung zur abschließenden Sitzung des 2020 einberufenen Expertengremiums heißt es, dass „eine klare Veränderung der bisherigen Situation“ herbeigeführt werden soll, „die die Plastik mit Titulatur der gegenwärtigen Sichtbarkeit entzieht“. Am besten geschehe dies „durch die Abnahme und Verbringung in einen die Plastik adäquat kontextualisierenden Rahmen“.Das neun Mitglieder umfassende Wittenberger Gremium empfehle der evangelischen Stadtkirchengemeinde, dass die Schmähplastik statt an der Kirche und damit für jeden sichtbar, künftig in einem geschützten Raum in unmittelbarer Nähe der Kirche sein sollte, sagte der Sprecher. Der Expertenrat habe sich dagegen ausgesprochen, das antijüdische Relief in einem Museum unterzubringen – wie einst vom Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung gefordert. Stattdessen sollte es an einem geschützten Ort ein Anlass sein, um über Judenfeindschaft aufzuklären.

In der Stadtkirche hat Martin Luther einst gepredigt, sie gilt als Ursprungskirche der Reformation. Der Reformator ist wegen antisemitischer Äußerungen in die Kritik geraten. Zudem empfahl der Wittenberger „Beirat zur Weiterentwicklung der Stätte der Mahnung“, die Dauerausstellung in der Stadtkirche neu zu konzipieren. Dabei sollen Antijudaismus und Antisemitismus thematisiert werden.

Von Mein Wittenberg

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